Fuocoammare
Fuocoammare
Italien 2016, 114', DCP, I/df. Ab 12 J., Regie Gianfranco Rosi. Drehbuch Gianfranco Rosi. Mit Samuele Pucillo, Mattias Cucina, Samuele Caruana.
Gespenstisch: Francesco Rosi zeigt in Fuocoammare, wie auf Lampedusa der Alltag der Inselbewohner und das Sterben der Bootsflüchtlinge aufeinandertreffen. Mit seinem bewegenden Film gewann der italienische Filmemacher 2016 den Goldenen Bären der Berlinale.
Im Anschluss Podiumsdiskussion mit Beat Schuler, UNHCR Mitarbeiter mit langjährigem Einsatz in Rom und Malta, und Julia Dao, Kommunikationsverantwortliche bei der UNHCR Schweiz.
Samuele ist zwölf Jahre alt. Nach der Schule trifft er seine Freunde oder streift mit einer selbstgebauten Steinschleuder durch die Gegend. Er will Fischer werden, so wie sein Vater, doch erst muss er noch seine Seekrankheit überwinden. Samuele lebt auf der Mittelmeerinsel Lampedusa, auf der das Leben schon immer von dem geprägt war, was das Meer bringt. Seit Jahren sind das nun vor allem Menschen – Tausende Flüchtlinge, die in der verzweifelten Hoffnung auf ein besseres Leben eine lebensgefährliche Reise wagen.
Ein Jahr lang beobachtete Regisseur Gianfranco Rosi Leben und Alltag auf Lampedusa. Der bewegende Dokumentarfilm überzeugte auf der diesjährigen Berlinale Publikum wie Kritiker und gewann den Goldenen Bären als Bester Film. Der italienische Originaltitel «Fuocoammare» kann sowohl als «brennendes Meer» als auch «Leuchtturm» übersetzt werden.
«Fuocoammare macht deutlich, wozu der Dokumentarfilm gerade auch in Abgrenzung zum Nachrichtenjournalismus in der Lage ist. Um diesen Bildern etwas entgegenzusetzen, zog Rosi nach Lampedusa und filmte über ein Jahr lang den Inselalltag: Fischfang, Hausarbeit und Kinderspiele. Von der anderen Realität der Insel war dabei zunächst wenig zu sehen - dem Sterben der Flüchtlinge auf dem Meer. In den letzten 20 Jahren, informiert ein Zwischentitel, seien 400 000 Migranten auf Lampedusa gelandet und etwa 15 000 Flüchtlinge bei dem Versuch gestorben, nach Europa zu kommen.
Es ist dieser gespenstische Kontrast, den Rosis Film beschwört, denn er zeigt auch die Arbeit der Küstenwache: Verzweifelte Notrufe von Flüchtlingen auf sinkenden Booten sind zu hören. Erschöpfte und dehydrierte Menschen werden von überladenen Booten gehievt und in goldglänzende Rettungsfolien gehüllt. Wie Science-Fiction mutet das an und ist doch ebenso Alltag wie Fischfang und Hausarbeit der Insulaner. (...) Das Nebeneinander der beiden Welten wird zur eindringlichen Metapher für die Blindheit Europas für die Katastrophe, die sich am Rand des Kontinents abspielt. (...)Die Flüchtlinge erscheinen nicht als anonyme Masse, die Kamera sucht Blickkontakt. Und der Regisseur schlüpft selbst unter die goldglänzende Rettungsfolie, um bei der Fahrt in ein Auffanglager die Perspektive der Migranten einzunehmen und das Surreale der Situation einzufangen. Da steckt er dann buchstäblich mit ihnen unter einer Decke.» (Martina Knoben, «Süddeutsche Zeitung)