Baden Baden
Baden Baden
Belgien / Frankreich 2016, 95', DCP, OV/d. Ab 16 J., Regie Rachel Lang. Drehbuch Rachel Lang. Mit Salomé Richard, Claude Gensac, Lazare Gousseau, Swann Arlaud, Olivier Chantreau, Jorijn Vriesendorp, Noémie Rousset, Zabou Breitman.
Auch wer scheitert, kommt weiter: Rachel Lang erzählt in ihrer umwerfenden Tragikomödie mit viel lakonischem Witz von einer jungen Frau, die ihre hingepfuschte Existenz mit grosser Souveränität lebt. Donnerstag, 22. September, 20.30: Premiere in Anwesenheit von Regisseurin Rachel Lang!
Einen Sommer lang versucht die 26-jährige Ana ihrem Leben eine Richtung zu geben und ihrer Grossmutter, die sich ein Bein gebrochen hat, ein seniorengerechtes Bad zu bauen. Im Baumarkt findet Ana nicht nur eine neue Brause sondern auch einen jungen Mann, der ihr helfen soll.
«Ana lenkt den Sportwagen souverän. Auf dem Rücksitz ein Star, den sie verspätet zum Filmset bringt, wofür sie vom Aufnahmeleiter angeschrien wird. Impulsiv verlässt Ana ihren Job und haut mit dem Mietwagen einfach ab – in ihre Welt. Sie fährt zu ihrer Grossmutter, nach Strassburg. Die Euro-Grenzstadt ist Anas Heimat und eigentlich ist 2015 auch ihr Sommer. Sie trägt die Uniform ihrer Generation – kurze Jeans, knappe Tops, Sneaker. Die weniger sichtbaren Insignien ihrer Identität fügen sich im Verlauf der Sommerwochen zur Persönlichkeit einer jungen Frau, die schon erwachsen ist, aber entschlossen auf der Suche bleiben will – nach der, die sie sein möchte, sein könnte. Anas Begegnungen mit der Welt werden zu Momentaufnahmen der Möglichkeiten, die in ihrer komplizierten Vielfalt ein zeitgenössischer Gegenentwurf sind zur schicksalhaften Vorbestimmung junger Frauen, damals. Anas Familie, vor allem ihre Grossmutter und ihre Männer spielen fast klassisch-etablierte Rollen, doch für Ana selbst sind Genre-Vorbilder seltsam hinfällig. Als Star dieses Films ist Ana einzig einer Gegenwart verpflichtet, die permanent zwischen Komödie und Melodrama balanciert.» (Berlinale)
«Während die Menschen um sie herum alle in irgendeine Richtung gehen, ist eine solche bei Ana nicht auszumachen. Sie folgt ihrem inneren Kompass, und dieser weist ihr jeden Tag einen anderen Weg. Das Scheitern ist genauso Bestandteil von Anas Lebensentwurf wie das Suchen. Und die unvermeidlichen Tiefschläge ebenso selbst gewählt wie ehrlich empfunden.
Baden Baden ist Rachel Langs erster Langspielfilm. Mit Salomé Richard, einer Art Leinwand-Alter-Ego, hat sie schon zwei erfolgreiche Kurzfilme gedreht. Die beiden harmonieren grossartig und schenken dem zeitgenössischen Kino eine der schillerndsten und stärksten Frauenfiguren seit langem.» (Reto Bühler, Xenix)
«Dass Ana ihr Leben auf der Reihe hätte, lässt sich nicht gerade behaupten; dabei ist sie jetzt auch schon Mitte zwanzig. Nachdem sie ihren Job als Fahrerin einer Filmproduktion glorios in den Sand gesetzt hat, fährt sie zu ihrer Oma nach Strassburg. Doch dort verläuft auch nichts nach Plan. Was daran liegen mag, dass Ana keinen Plan hat. Dafür lebt sie ihre eher hingepfuschte Existenz mit umso grösserer Souveränität. Sie will sich (noch) nicht festlegen (lassen), sie probiert sich aus, sie macht alte Fehler noch einmal neu und sie geht bei alledem eher instinktiv denn überlegt vor. In ihrem Spielfilmdebüt nach eigenem Drehbuch erzählt die studierte Philosophin und Schauspielerin Rachel Lang, 1984 in Strassburg geboren, vom Scheitern nicht als abschreckendem Beispiel, sondern als notwendigem Bestandteil des Gelingens. Und ebendies ist das Erfreuliche an ihrem von lakonischem Humor durchwirkten Film, der viel mit Badengehen im übertragenen Sinn, doch nichts mit dem titelgebenden Ort zu tun hat. Die junge Frau im Zentrum ist ein ganz gegenwärtiger Charakter; sie verzettelt sich im Abwägen ihrer Möglichkeiten, während ihr die Felle davonschwimmen. Was schliesslich übrig bleibt, ist das ganz normale Leben. (Bildrausch Filmfest Basel, as)