Thomas Heise muss seine Schweizer Tournee absagen. Die am 5. April geplanten Vorstellungen und das Filmgespräch mit ihm werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Thomas Heise zählt zu den prägenden deutschen Dokumentarfilmern. In seinem monumentalen, 218-minütigen Werk Heimat ist ein Raum aus Zeit untersucht Heise anhand von Briefen und Dokumenten seine eigene Familiengeschichte über vier Generationen hinweg. Sprache und Bilder verbinden sich zum eindringlichen Porträt einer Familie, eines Landes und eines Jahrhunderts.
Thomas Heise, 1955 in Ost-Berlin als Sohn des Philosophieprofessors Wolfgang Heise geboren, absolvierte von 1971 bis 1973 eine Lehre als Drucker. Nach einjährigem Wehrdienst in der NVA (Nationale Volksarmee) arbeitete Heise 1975 bis 1978 als Regieassistent im DEFA-Studio für Spielfilme, unter anderem bei Heiner Carows Bis dass der Tod euch scheidet (1978). Zeitgleich holte er sein Abitur auf der Abendschule nach. 1978 begann er ein Regiestudium an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf, das er 1982 abbrach. Seitdem ist Heise freiberuflich als Autor und Regisseur tätig. Seine ersten Dokumentarfilme, die zu DDR-Zeit entstanden, wurden allerdings verboten bzw. gelangten nicht zur Aufführung. 1987 bis 1990 war Heise Meisterschüler bei Gerhard Scheumann an der Akademie der Künste der DDR. In dieser Zeit realisierte er für den Rundfunk der DDR das Radio-Feature Widerstand und Anpassung – Überlebensstrategie. Erinnerungen eines Mannes an das Lager Dachau (1987), dem seine Gespräche mit dem Schauspieler Erwin Geschonneck zugrunde liegen. Widerstand und Anpassung zählt zu den bedeutenden Werken im Bereich des O-Ton-Features. Trotz Geschonnecks Fürsprache wurde die fertige Produktion aus politischen Gründen auf Eis gelegt und ins Archiv verbannt. Anfang Dezember 1989, vier Wochen nach dem Fall der Mauer, wurde das Stück vom Berliner Rundfunk urgesendet. Nach der Wende legte er mehrere Werke vor, unter anderem 1992 Stau – Jetzt geht’s los über die rechtsradikale Jugendszene in Halle an der Saale und Material (2009) und wurde zu einem der wichtigsten Dokumentarfilmer Deutschlands. Von 1993 bis 1998 inszenierte er mehrere Stücke am Berliner Ensemble, darunter Bertolt Brechts «Der Brotladen» (1993) und «Joe Fleischhacker» (1998), Heiner Müllers «Zement» (1994) und «Der Bau» (1996) und Michael Wildenhains «Im Schlagschatten des Mondes» und «Hungrige Herzen» (1995). Im Jahr 2002 wurde er von der DEFA-Stiftung mit dem Preis zur Förderung der deutschen Filmkunst geehrt. Zwischen dem Wintersemester 2007/08 und dem Sommersemester 2013 war Thomas Heise Professor für Film an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Seit dem Wintersemester 2013/2014 ist er Professor für Kunst und Film an der Akademie für bildende Künste Wien.