
Year of the Horse
Die Zusammenarbeit von Jim Jarmusch und Neil Young führte 1995 nicht nur zum betörenden Soundtrack von Dead Man, sondern zwei Jahre später auch zu einem aussergewöhnlichen Musikfilm: In Year of the Horse verbindet Jarmusch Live-Impressionen der 1996er-Tournee von Neil Young und seiner Band Crazy Horse mit Interviews und Archivmaterial aus den Siebziger- und Achtzigerjahren zu einer vibrierenden filmischen Hommage. Die Low-Fi-Ästhetik und die künstlerische Outlaw-Haltung von Young und seinen musikalischen Schlachtrössern führte der bekennende Young-Fan Jarmusch konsequent filmisch weiter, indem er die Konzertszenen überwiegend auf Super 8 drehte und zudem Video- und Filmmaterial, Farb- und Schwarz-Weiss-Sequenzen ziemlich wild miteinander mixte. Das Resultat ist ein rauer, ungehobelter Grunge-Film von explizit prekärer technischer Qualität. Die Gespräche mit den Musikern drehte Jarmusch in einer Waschküche – Gespräche über Sex, Drogen und Rock ’n’ Roll, um die lange Geschichte, die Neil Young mit seiner Band verbindet, und um Gott und die Welt: Einmal liest Jarmusch aus dem Alten Testament vor, und Neil Young blickt zurück auf all die Verluste, die er erlitten und die «Spur der Zerstörung», die sein Leben hinterlassen hat.
Thomas Allenbach