Wolf and Sheep
Wolf and Sheep
Dänemark/Deutschland/Afghanistan 2016, 86', DCP, Hazaragi/d/f. Ab 10 (12) J., Regie Shahrbanoo Sadat. Drehbuch Shahrbanoo Sadat. Mit Sediqa Rasuli, Qodratolla Qadiri.
Durch die Augen von Hirtenkindern porträtiert dieser betörende Spielfilm die Traditionen und Geschichten einer Dorfgemeinschaft im ländlichen Afghanistan. Die Mädchen und Buben hüten die Schafe und üben mit ihren selbst gebastelten Steinschleudern, vor allem wollen sie die Wölfe vertreiben. Die afghanische Regisseurin Shahrbanoo Sadat gewann mit ihrem Erstling die Quinzaine des réalisateurs in Cannes und den Art Cinema Award.
Man weiss gar nicht, was man mehr bewundern soll, die wilde Schönheit der Landschaft oder die zarten Beziehungen der Kinder, die mitten in ihr aufwachsen. Klar ist: Die junge Afghanin Shahrbanoo Sadat will uns nicht einfach in eine idyllische Dorfgemeinschaft entführen. Die Beziehungen im Alltag hier sind von Tratsch und kleinen Konflikten geprägt, das Leben ist hart und einfach, jeder Tag bringt seine Bürde mit sich, und die will getragen sein. Ausgehend von einem Begräbnis folgt die Handlung der Wiederverheiratung der Witwe mit einem alten Mann. Genau dafür wird ihr elfjähriger Sohn Qodrat gehänselt. Es zieht ihn zu Sediqa hin, die ihrerseits von den Mädchen gemieden wird, weil sie das Böse in sich trage. Die Menschen glauben an Legenden und Mythen wie jene des Kaschmir-Wolfs, der auf zwei Pfoten nachts das Dorf heimsucht, während in Wirklichkeit die Wölfe die Schafe reissen. Shahrbanoo Sadat ist in einem Dorf, wie sie es in ihrem ersten Spielfilm beschreibt, aufgewachsen. Das spürt man im besten Sinn, denn sie erzählt ihre Geschichte aus der Erfahrung des Lebens heraus.
«Die gerade mal 26-jährige Shahrbanoo Sadat zeichnet bei diesem wunderbaren Film nicht nur für Regie und Drehbuch, sondern hat ihn auch gleich selbst produziert. Damit entspricht sie so gar nicht dem Klischee des sozial im Mittelalter stehen gebliebenen Landes, in dem Frauen weder etwas zu sagen noch zu träumen haben. Im Jahr 2001, als gerade die ersten Bomben auf Kabul fielen und die amerikanischen Truppen begannen, etwas planlos und blind für die kulturellen Gepflogenheiten der einheimischen Bevölkerung nach dem Urheber des 11. Septembers zu suchen, zog die Tochter afghanischer Flüchtlinge in Teheran in ein kleines afghanisches Dorf, nicht unähnlich jenem des Films. Dort fand sie sich als Aussenseiterin wieder, wegen ihrer Brille und ihrer Fremdheit von den anderen Kinder gehänselt – Erfahrungen, auf denen mitunter ihr Film basiert. Die Realität ist bereits ohne den Krieg ringsherum traumatisch genug.» Dominic Schmid, Filmbulletin