Weg vom Fenster - Leben nach dem Burnout
Weg vom Fenster - Leben nach dem Burnout
Schweiz 2017, 66', DCP, Dialekt / f. doc, Regie Sören Senn.
Jäher Sturz eines Erfolgsmenschen in die Arbeitsunfähigkeit: «Erschöpfungsdepression» lautet die medizinische Diagnose. Der frühere Manager Matthias N. erinnert sich an seinen fast zwei Jahre dauernden Heilungsprozess.
Einst führte Matthias N. als erfolgreicher Geschäftsführer ein dynamisches Unternehmen für
Medizintechnik, flog um die Welt und arbeitete Tag und Nacht... Mehrere Monate nach seinem
Zusammenbruch und der Einlieferung in die Psychiatrie sollte er im Rahmen einer beruflichen
Wiedereingliederungsmassnahme Kaltgetränke mit Eiswürfeln bestücken – und war noch immer
überfordert damit! An solchen Beispielen wird deutlich, wie massiv die psychische
Beeinträchtigung durch ein «Burnout» sein kann. Gerade bei Stressfolgekrankheiten ist der
Heilungsprozess besonders schwer zu steuern und oft sehr individuell, weil er die gesamte
Lebenssituation umfasst. Auch das gesellschaftliche Umfeld spielt eine entscheidende Rolle.
Menschen wie Matthias N. haben sich meist jahrelang systematisch überanstrengt, ohne es sich
einzugestehen. Dadurch manövrierten sie sich nicht nur beruflich, sondern auch sozial und
familiär ins völlige Abseits.
Einige Jahre nach der Krise denkt Matthias N. erneut über seine schwierige physische und
psychische Gesundwerdung nach. Er begibt sich noch einmal an die Orte seiner Therapien, die
alle den beruflichen Wiedereinstieg zum Ziel hatten. Er berichtet über persönliche Widerstände
und die Gefühle der Selbstentwertung, die ihn quälten. Wie viele «Burnout»-Betroffene erwies er
sich damals als hartnäckig uneinsichtig. Stets wollte er seine noch vorhandene
Leistungsfähigkeit beweisen. Zugleich wurde die Angst vor erneutem Scheitern immer grösser.
Erst nach langem Umherirren und grüblerischer Selbstzerfleischung gelang es dem ehemaligen
Leistungsträger, zusammen mit aufmerksamen therapeutischen Begleitern, seine Haltung zu Arbeit und Leben grundsätzlich zu überdenken. Und dabei einen tiefgreifenden Entschluss zu
fassen: nie wieder will er in eine solche Falle tappen.
Der Dokumentarfilm von Sören Senn zeigt anhand dieser Fallgeschichte, wie individuell und
doch gesellschaftstypisch die Ursachen für ein «Burnout» sind. Und wie entscheidend es bei der
Aufarbeitung ist, ein geduldiges therapeutisches und soziales Umfeld zu haben. Der Film wirft
aber auch weiterführende Fragen auf: Wie ist es überhaupt möglich, sich in einer «Burnout»-
gefährdeten Gesellschaft zu behaupten? Wie kann sich ein «unabhängiges» Selbstwertgefühl
entwickeln, wenn in den meisten heutigen Arbeitszusammenhängen nur noch ein Credo zu
gelten scheint: «Wer nichts leistet, ist nichts wert»? (Pressetext)