Un petit frère
FR 2022, 116', DCP, F/d. Ab 14 (16) J., Regie Léonor Serraille. Drehbuch Léonor Serraille. Mit Annabelle Lengronne, Stéphane Bak, Ahmed Sylla, Kenzo Sambin.
Léonor Serraille folgt über mehr als zwei Jahrzehnte den Lebenswegen einer alleinerziehenden Mutter aus der Elfenbeinküste und ihrer zwei Söhne nach ihrer Ankunft in Frankreich. Eine zugleich epische und intime Chronik, getragen vom Vertrauen der Regisseurin in ihr überzeugendes Ensemble.
«Léonor Serraille lässt ihrem Debütfilm, dem mit der Camera d’Or ausgezeichneten Jeune femme (2017), einen Film folgen, der sich in Umfang und Temperament radikal unterscheidet und sie als eine wichtige neue Stimme im französischen Kino bestätigt. Un petit frère erzählt mit intensiver Hingabe von einer kulturell und zwischenmenschlich belasteten Familie und verbindet Intimität mit einer ausgedehnten Filmzeit, die zwanzig Jahre im Leben von Rose, einer jungen Mutter von der Elfenbeinküste, und zwei ihrer Söhne, Jean und Ernest, umspannt. Ihre Geschichte wird in drei Teilen erzählt, die sich jeweils auf ein Mitglied der Familie konzentrieren.
Im ersten Teil lernen wir Rose kennen und erleben, wie sie sich den Anforderungen ihrer Verwandten und Liebhaber widersetzt, die alle von ihr erwarten, dass sie die Rolle der bescheidenen, hart arbeitenden Einwanderin spielt. Roses Streben nach Selbstverwirklichung hat unvorhergesehene Folgen für ihre Kinder. Im zweiten Teil erleben wir, wie Jean darum kämpft, seinen Platz in der französischen Gesellschaft zu finden und den Anforderungen seiner strengen Mutter gerecht zu werden. Schliesslich wendet sich Serraille dem jungen Ernest zu, der sich ohne die Unterstützung der Menschen, mit denen er aufgewachsen ist, durchs Leben schlagen muss. Un petit frère vermeidet viele der sattsam bekannten Konventionen europäischer Immigrationsgeschichten und deutet an, dass sich alle unglücklichen Familien in mancher Hinsicht sehr ähnlich sind.» Michael Sicinski