Das Schicksal zweier Familien im amerikanischen Bürgerkrieg 1860 bildet den roten Faden in D. W. Griffith’ epochalem Werk. «Niemals zuvor war ein Film von so gewaltigen Ausmassen gedreht worden. Jeder Aspekt der Filmarbeit (...) wurde von Griffith persönlich geleitet und überwacht. Während der Dreharbeiten wurde kein Drehbuch benutzt, vielmehr hatte Griffith das ganze Konzept im Kopf und arbeitete mehr oder weniger improvisierend, ohne je die Kontrolle zu verlieren. (...) Griffith übernimmt den reaktionären Standpunkt der weissen Südstaatler, der schon in der Romanvorlage manifest war. (...) Berühmt wurde der Film für seine komplexe Struktur, die dynamische Montage und die dramatische Einbeziehung der ganzen Bildfläche.» (Buchers Enzyklopädie des Films)
«,Alles in Ordnung. Der Vorführer ist verhaftet worden.' So die Nachricht des Filmproduzenten Harry H. Aitken an D. W. Griffith inmitten der Unruhen, die The Birth of a Nation ausgelöst hatte. Die epische Darstellung des amerikanischen Bürgerkriegs entlang der Lebensgeschichten zweier Familien aus dem Norden und Süden eines gespaltenen Landes ist noch heute der ,gefährlichste' Film aller Zeiten: akklamiert vom Präsidenten der USA als ,Geschichtsschreibung in Blitzschlägen', geschmäht von progressiven Gruppen als Manifest des Rassismus, häufig verboten, zensuriert, dann gepriesen in Eisensteins grundlegendem Aufsatz. Die Kontroversen rund um den Film haben nicht nur die Essenz von Griffiths bahnbrechenden stilistischen Leistungen überdeckt, sondern auch seine realen politischen Haltungen. In beider Hinsicht harrt einer der bekanntesten Klassiker des Kinos immer noch der Wiederentdeckung.» (PCU, Österreichisches Filmmuseum)
«Seine toxische Wirkung hatte Griffiths Film noch lange behalten. Regelmässig führten die Projektionen zu Gewaltexzessen gegen die schwarze Bevölkerung, zumal seine Preisung des Ku-Klux-Klans mit dessen Wiederaufleben im 20. Jahrhundert koinzidierte: Noch in den 1970er Jahren hatte der Klan The Birth of a Nation anlässlich seiner heimlichen Treffen zu Propagandazwecken aufgeführt. Die Darstellung des schwarzen Stalkers, der eine blondgelockte Schönheit in den Suizid treibt, war, wie es James Baldwin formulierte, eine ,kunstreiche Rechtfertigung von Massenmord'. Dennoch lässt sich der Film nicht mehr aus der Geschichte wegdenken.» (Patrick Straumann, NZZ, 21.11.2015)