Substitute
Frankreich 2006, 72', Digital HD, F/d. Regie Fred Poulet, Vikash Dhorasoo. Drehbuch Fred Poulet. Mit Vikash Dhorasoo, Gregory Coupet, Mickael Landreau, Fred Poulet.
Die Geschichte dieses Films begann im Juni 2006. Der Sänger, Autor und Regisseur von Musikvideoclips Fred Poulet vertraute seinem Freund, dem französischen Fussballnationalspieler Vikash Dhorasoo, eine Super-8-Kamera an, mit der dieser seinen Alltag während der Fussballweltmeisterschaft in Deutschland aufnehmen sollte, deren Finale am 9. Juli 2006 in Berlin stattfand. Der Film entstand schrittweise: in Le Havre, Paris, dann in Deutschland, in Hotelzimmern, in Bussen, am Telefon, ein bisschen auch in den Stadien. Das Anti-Sommermärchen ist ein Dokument des Scheiterns und einer der aussergewöhnlichsten Fussballfilme.
«Die Fussballweltmeisterschaft 2006 aus der Perspektive des französischen Nationalspielers Vikash Dhorasoo und des Autors und Musikers Fred Poulet. Beide filmen mit einer Super-8-Kamera: der eine seinen Alltag als zunehmend frustrierter Ersatzspieler der Équipe tricolore; der andere all das, was ihm auf seinen Reisen zu den Spielen der Franzosen quer durch Deutschland und im Stadion widerfährt. Melancholie statt Euphorie, Einsamkeit statt «Einer-für-alle-alle-für-einen»-Rhetorik, tragischer Held statt strahlender Sportsmann – Substitute ist der andere Nachbereitungsdokumentarfussballfilm. Was als hoffnungsfrohes WM-Abenteuer beginnt, wird zum Tagebuch einer bitteren Enttäuschung. Der Vater (Trainer Domenech) verstösst den Sohn (Dhorasoo), den das Warten, die Langeweile und Selbstzweifel zermürben. 16 Minuten Einsatz auf dem Feld sind zu wenig, um sich dazugehörig zu fühlen. Da können auch die Literatur (Stefan Zweig, Fred Vargas, Jonathan Coe) und Neil Youngs «Helpless» nur bedingt helfen. Zum Glück gibt es die Kamera: Filmen statt Fussballspielen! Das Medium Super-8 macht aus dem gigantisch hochgerüsteten Ereignis ein buntes, wackeliges, unscharfes, charmantes Spektakel. Das letzte Wort hat ein Schlager aus den 70er-Jahren: «Später, da kann es zu spät für mich sein.» (Birgit Kohler, Berlinale)