Searching for Sugar Man
Schweden / Grossbritannien 2012, 86', DCP, E/d/f. Regie Malik Bendjelloul. Drehbuch Malik Bendjelloul.
Kann diese unglaubliche Geschichte wahr sein? Aus Interviews, animierten Szenen und Archivmaterialien komponierte der schwedische Regisseur Malik Bendjelloul einen fesselnden Dokumentarfilm über den US-Sänger Sixto Rodriguez, der nichts von seinem Ruhm in Südafrika wusste.
Detroit Anfang der 70er-Jahre: In einem der schmuddeligen Hinterhöfe dieser unwirtlichen Arbeiter- und Industriestadt tritt ein mexikanisch-amerikanischer Sänger auf. Zwei namhafte Produzenten kommen, um ihn spielen zu hören und sind begeistert. Seine Lyrik ist so gut, dass sie jedem Vergleich mit Bob Dylan standhält. Die Männer sind erfahren; sie haben mit Grössen des Musikbusiness wie Marvin Gaye, Stevie Wonder, The Temptations, The Supremes, Gladys Knight, Ringo Starr zusammengearbeitet. Doch trotz guter Kritiken irren sie in ihrer Einschätzung. Die Platte «Cold Fact» (1970) floppt. Auch das zweite Album wird ein finanzieller Misserfolg. Und damit ist Sixto Rodriguez’ Karriere bevor sie richtig begonnen hat in den USA auch schon zu Ende.
Völlig unbemerkt vom Rest der Welt überlebt Rodriguez’ Musik in einem Winkel der Erde, der zu dieser Zeit in den globalen Medien nur mit Negativschlagzeilen behaftet ist: das ApartheidRegime Südafrika. Hier glückt, was zuvor so kläglich scheiterte: Rodriguez wird zum Superstar. Seine Musik hat etwas Befreiendes, Aufrüttelndes, und so wundert es nicht, dass sie zum Initial der liberalen Anti-Apartheid-Bewegung der Weissen avanciert. Damit aber gerät die Musik von Rodriguez auch gleichzeitig auf den Index. Ein eher unbekanntes Kapitel der südafrikanischen Geschichte. Keine Radiostation darf den Titel «Sugar Man» spielen, was seiner Verbreitung keinen Abbruch tut. Und obwohl es viele Jahre in Südafrika nur ein Bootleg (Schwarzpressung) gab, wurde Rodriguez’ «Cold Fact» auf jeder Party gespielt. Dann aber kommt der Stein 1996 ins Rollen, als das zweite Album von Rodriguez («Coming from Reality») im Post-Arpatheid-Staat erscheint. Ein südafrikanischer Musikjournalist fühlt sich von der im Booklet geschriebenen Zeile: «Any musicologist detectives out there?» herausgefordert, dem Schicksal des Musikers nachzuspüren. Er läuft vor viele verschlossene Türen – gerade bei seinen Nachfragen, wohin das Geld ca. einer halben Million verkaufter Platten und CDs geflossen ist. Die Liedzeile «met a girl from Dearborn» (aus dem Song «Cold Fact») bringt den Journalisten schliesslich an den richtigen Ort. Dearborn gehört zu Detroit. Von da ist es nur noch ein kleiner Sprung bis zu einem der Produzenten des ersten Albums und der sensationellen Tatsache, dass Rodriguez lebt!
Was nun folgt, ist ein märchenhaftes Ende einer Odyssee, die beinahe drei Jahrzehnte dauerte. All die Jahre lebte Rodriguez mit seiner Familie in Detroit, ging als Bauarbeiter Jobs nach, cineworx gmbh 6 versuchte sich auch in der lokalen Politik und hatte keine Ahnung, dass er in Südafrika ein Star und Idol ist. All die Jahre blieb er, was er war: ein Working-Class-Hero. Südafrika aber rollt für ihn den roten Teppich aus, denn dort ist Rodriguez bis heute grösser als Elvis. «Thanks for keeping me alive» sind Rodriguez’ Worte, als er erstmals vor seinen tausenden Fans auftritt. Insgesamt gibt er in Kapstadt sechs ausverkaufte Konzerte.
Malik Bendjelloul hat seinen Debütfilm über vier Jahre lang in kompletter Eigenleistung realisiert. Searching for Sugar Man gewann 2012 u. a. auf dem Sundance Film Festival zwei Auszeichnungen und wurde zu einem Kinohit.