Den Abschluss unseres gemeinsam mit dem Lichtspiel durchgeführten zweijährigen Zyklus‘ «Eine Filmgeschichte in 50 Filmen» feiern wir mit einem nicht ganz alltäglichen Ereignis: Am kommenden Sonntag, 7. Mai, präsentieren wir Sátántangó von Béla Tarr. Teil 1 des 450-minütigen Films zeigen wir um 11.00 im Lichtspiel, Teil 2 folgt um 16.00 im REX. Dazwischen: Verpflegung und gemeinsamer Spaziergang vom Lichtspiel ins REX.
Der Film spielt in der ungarischen Tiefebene, wo alles waagrecht ist, wo menschliche Siedlungen unendlich weit voneinander entfernt liegen. Die Helden unserer Geschichte leben auf einer verlassenen landwirtschaftlichen Maschinenstation, die aus jeglicher Produktionstätigkeit ausgeschaltet ist. Für diese Menschen sind alle Werte, an die sie ihren Lebensinhalt knüpfen können, längst aufgehoben; alles hat sich in der Zeit aufgelöst im periodischen Wechsel der Jahrhunderte - allmählich sind auch die Menschen in Verwesung übergegangen.
Das alles vernichtende Gefühl des Alleingelassenseins wird nur von einer einzigen Sehnsucht gebrochen, von der immer stärker werdenden Sehnsucht nach Flucht. Alle schmieden kleinkarierte Pläne, selbstverständlich einer auf Kosten des anderen, alle geben sich der Illusion hin, dass die bessere Zukunft in der Ausplünderung und im Betrügen der anderen liegt. Doch sind diese niederträchtigen Pläne zum Scheitern verurteilt, weil ihre Urheber an einem fatalen Mangel an Selbstvertrauen leiden und wegen ihrer Unentschlossenheit nichts verwirklichen können. In der Tat warten alle auf einen Heiland, der sie von dem verkrüppelten Alltag, dem alles verschluckenden Regen, dem Dreck und all ihren Sünden erlöst.
«Man ist hellwach und zugleich wie in Trance, in einer Zeit erstarrt, während der Uhrzeiger sich bewegt. (...) Béla Tarrs Satantango ist eines der ganz seltenen Meisterwerke zeitgenössischer Filmkunst.» (taz, 11.05.94)