Rimini
AT/FR/DE 2022, 114', DCP, D. Ab 16 J., Regie Ulrich Seidl. Drehbuch Ulrich Seidl, Veronika Franz. Mit Michael Thomas, Tessa Göttlicher, Hans-Michael Rehberg, Inge Maux, Claudia Martini, Georg Friedrich.
Ulrich Seidl folgt in seinem «Bruderfilm» zu Sparta einem abgehalfterten Schnulzensänger namens Richie Bravo, der im winterlichen Rimini zwischen Dauerrausch, Konzerten vor Bustouristen und Liebesdiensten für seine weiblichen Fans seine Kreise zieht.
«Der Tod seiner Mutter führt Richie Bravo aus der Wahlheimat Italien zurück ins niederösterreichische Zimmer seiner Jugend. Mit seinem ‹piccolo fratello› feiert er im Keller bei Schnaps und samtigen Wurlitzer-Melodien Abschied vom Elternhaus. Der Vater ist im Altersheim. Sein Geld macht der Schlagerstar in Rimini. Lebensgrosse Plakate zieren die Richie-Bravo-Villa, glorreich war, scheints, die Vergangenheit. Die Gegenwart: nasskalte Strand-Nostalgie. Doch Richie ist, wie er sagen würde, noch ‹con molto amore›, zwängt den Wanst per Mieder ins ‹jacketto› und intoniert in biederen Hotelfoyers inbrünstig deutsche Schnulzen. Mit Charme und Schwulst dringt er ins Gemüt (vorzugsweise weiblicher) Best Ager ein. Gern auch in ihre Körper. Und Portemonnaies.
Seidls neuer Film ist von tiefer Romantik, ja Traurigkeit. Mag die Oberfläche auch noch so dreckig und pervers sein: Kaum war ein Film der Pathos-Praxis des Lebens so nah. Gerahmt vom letzten Kino-Auftritt Hans-Michael Rehbergs, brilliert Michael Thomas als Sohn, Vater, Mann. Sein Leiden ist so echt und falsch wie seine Liebe. Sein Singen das einsame Selbstgespräch eines Losers.» Berlinale