PROVIDENCE
FR/CH 1977, 110', DCP, E/f. Regie Alain Resnais. Drehbuch David Mercer. Mit Dirk Bogarde, Ellen Burstyn, John Gielgud, David Warner, Elaine Stritch, Cyril Luckham, Denis Lawson.
Ein von Schmerzen gequälter und vom Alkohol benebelter alter Schriftsteller wird von nächtlichen Fantasien heimgesucht, in denen er Angehörige und Bekannte in monströse Romanfiguren verwandelt. Bei seiner Geburtstagsfeier am nächsten Morgen sind die Dinge und Gefühle wie ausgewechselt.
«Im Mittelpunkt von David Mercers wortreichem Drehbuch steht die Figur eines sterbenden Schriftstellers (John Gielgud), einer proteischen Spinne, die ihre letzte bösartige Fiktion aus dem verworrenen Gewebe patriarchalischer Gefühle und Vergeltungsfantasien über das unabhängige Leben seiner Familie webt. In den sanfteren und sensibleren Händen von Alain Resnais, der wie immer auf absolute und glatte moralische Gleichungen verzichtet, führt dieses abgedroschene zentrale Element nicht zu einer vorhersehbaren Realität-gegen-Fantasie-Erzählung, sondern zu einer gespenstischen, eindringlichen Reise durch die Korridore des Unterbewusstseins. Ein gemalter Hintergrund, an dem sich reale Wellen brechen; in Saint Laurent gekleidete Figuren, die theatralisch in Räumen posieren, die so sehr dem Deco-Chic verfallen sind, dass ihre dreidimensionale Realität wie Pappe wirkt; verworrene Identitäten (eine Figur übernimmt den Dialog oder das Gesicht einer anderen): Mit solchen Mitteln schafft Resnais eine Art Freud’sches Ballett, das zugleich reines Kino ist. Vergangenheit und Zukunft lösen sich auf in eine absolut fesselnde Gegenwart, der man sich paradoxerweise nur über die Erinnerung und die Vorstellungskraft nähern kann.» «Time Out»
«Der erste englischsprachige Film von Alain Resnais, ins Monumentale gesteigert durch die üppige Musik des Hollywood-Veteranen Miklós Rózsa, sehr britisch in den Aphorismen von Autor David Mercer, doch unverwechselbar ein Werk seines Regisseurs - was etwa den hintergründigen Humor, die rätselhafte Poesie und die ideenreiche Befragung von Erzählkonstruktionen betrifft. Wie Frédéric de Towarnicki, Drehbuchautor des nicht zustande gekommenen Resnais-Projekts über die Abenteuer von Seriendetektiv Harry Dickson, es schön auf den Punkt brachte: ‹Was Resnais will, müssen Sie selber herausfinden. Aber Sie werden nichts anderes herausfinden, als er will.› C.H., film.at