Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt
BRD 1971, 67', DCP, D. Regie Rosa von Praunheim. Drehbuch Rosa von Praunheim. Mit Bernd Feuerhelm, Beryt Bohlen, Ernst Kuchling.
Daniel, ein junger Mann aus der Provinz, kommt nach Berlin und trifft dort zufällig Clemens. Beide erleben die grosse Liebe. Sie ziehen zusammen und versuchen, die bürgerliche Ehe zu kopieren. Doch nach vier Monaten endet das junge Glück. Daniel hat inzwischen einen älteren, reichen Mann kennengelernt und zieht mit ihm in dessen Villa zusammen. Als sein neuer Partner ihn jedoch betrügt, löst sich Daniel von der Beziehung und taucht in die Schwulenszene der Grossstadt ein.
Unmittelbar nachdem 1969 der kontroverse §175 im deutschen Strafgesetzbuch erstmals reformiert wurde, begann Rosa von Praunheim mit der Inszenierung seines filmischen Manifests für die neu erstarkte Homosexuellenbewegung. Als die ARD den «Schwulen-Schocker» trotz heftiger politischer Gegenwehr 1973 zur Hauptsendezeit ausstrahlte, klinkte sich der konservative Bayrische Rundfunk umgehend aus dem laufenden Programm aus – es würden «Szenen gezeigt, die die Grenze des Erträglichen überschreiten». Selbst im schwulen Lager löste der Film verwirrte und empörte Reaktionen aus, sorgte jedoch im gleichen Masse auch für Solidaritätsbekundungen und aufklärerischen Aktionismus, dessen Anliegen noch bis heute fortlebt.
Die Aufführung 1973 im Kellerkino Bern trug massgeblich zur Gründung der HAB, der Homosexuellen Arbeitsgruppe Bern, bei. Ein seltenes Beispiel für einen Film mit direkter gesellschaftspolitischer Wirkung.