Les dépossédés
Kanada / Schweiz 2017, 76', DCP, OV/d. Ab 16 J., Regie Mathieu Roy. Drehbuch Benoit Aquin, Mathieu Roy.
In einer Welt, die von der industriellen Landwirtschaft beherrscht wird, gehören die Menschen, die Lebensmittel produzieren, zu den schlechtbezahltesten überhaupt. Mathieu Roy ergründet in seinem Dokfilm die globalen Mechanismen, welche die Bauern in einen Teufelskreis aus Verzweiflung, Verschuldung und Enteignung treiben.
Les dépossédés rückt eine humanitäre Katastrophe ins Zentrum, welche rund die Hälfte der Weltbevölkerung betrifft, aber kaum in unser Bewusstsein dringt: Die Situation der Bauern, die zwar Nahrungsmittel produzieren, aber meist selber nicht genug haben, um sich zu ernähren oder - wie oft hierzulande - in eine existenzbedrohende Schuldenfalle geraten. Der Film geht den Ursachen dieses Elends nach und zeigt Zusammenhänge auf, die auf unser Wirtschaftssystem, aber auch auf die Schweiz als Sitz bedeutender agrochemischer Unternehmen und Knotenpunkt des Handels mit Lebensmitteln verweisen.
«Die Auswirkungen neoliberaler Freihandelspolitik berauben Kleinbauern auf der ganzen Welt ihrer Möglichkeit, ein annehmbares Einkommen zu verdienen. Der Sachverhalt ist komplex: Auf der einen Seite steht die Agrarindustrie, die von den Ländern des Nordens subventioniert wird und auf Kosten der Entwicklungsländer Exportüberschüsse produziert. Die lokale Landwirtschaft in den Entwicklungsländern kann mit den künstlich niedrigen Preisen nicht konkurrieren. Auf der anderen Seite steigen die Bauern von Subsistenzlandwirtschaft auf die Produktion von Cash Crops (landwirtschaftliche Erzeugnisse, die exportiert werden) um und stehen den schwankenden Marktpreisen machtlos gegenüber. Sie bleiben sich selbst überlassen. Sie verlieren ihr Land und ihre Unabhängigkeit und werden in einen Teufelskreislauf aus Schulden und immer mehr Arbeit getrieben. Hoffnungslosigkeit, Konkurse, und dramatische Selbstmordraten sind die Folge. In Asien, Südamerika und Afrika kommt es zu millionenfacher Landflucht, die unterbezahlten oder verschuldeten Bauern wandern massenweise in die Städte ab, wo sie für einen Hungerlohn auf Baustellenarbeiten und in Slums leben. Wie sollen sie sich ohne Geld und ohne Feld ernähren? Tragödien dieser Art spielen sich an vielen Orten der Welt ab und es wird kaum über sie gesprochen. Für die Medien sind sie uninteressant. Die Bauern leben einzeln verstreut und werden kaum oder gar nicht repräsentiert – sie sind ein unsichtbares Volk. Wenn sie ein richtiges Volk wären, würde man vermutlich von Genozid sprechen. Mit meinem Film will ich diesem wirtschaftlichen Genozid Bilder und Gesichter verleihen, in der Hoffnung der Gleichgültigkeit ein Ende zu bereiten.» (Mathieu Roy)