L'enlèvement de Michel Houellebecq
Frankreich 2014, 92', DCP, F/d. Regie Guillaume Nicloux. Drehbuch Guillaume Nicloux. Mit Michel Houellebecq, Mathieu Nicourt, Maxime Lefrançois, Françoise Lebrun, Luc Schwarz, Veran Mauberret, Ginette Suchotzky, André Suchotzky.
Die irre Entführungsgeschichte aus dem Jahr 2014 zeigen wir begleitend zu Thalasso, Guillaume Nicloux' neuem Schwank mit Michel Houellebecq (ab 2. Juli im Programm).
Im September 2011 war der französische Schriftsteller Michel Houellebecq kurzzeitig wie vom Erdboden verschwunden, als er auf einer Lesereise mit seinem Roman «Karte und Gebiet» sein sollte. Wildeste Gerüchte kursierten im Internet über seine Entführung durch al-Qaida, durch Ausserirdische. Manche Twitter-Autoren äusserten sich gar erleichtert, dass der umstrittene Autor plötzlich weg war. Dieser Film zeigt nun, was wirklich geschah: Drei beinharte Typen mit beeindruckend body-gebildeten Körpern bzw. Frisuren entführen den Star-Intellektuellen (Houellebecq als Houellebecq) aus seinem Alltagsstress von Wohnungsrenovierung – bloss kein skandinavisches Design! – und Autogrammjägern in eine prachtvolle ländliche Underdog-Idylle. Mit Hundedressur, Trizeps-Show, Schrottautos und polnischen Würstchen. Wer aber soll das Lösegeld bezahlen, vielleicht François Hollande? Michel hat Geburtstag, der mit reichlich Alkoholika und einer Überraschung namens «Fatima» gefeiert wird. Und endlich demaskieren sich die Entführer … was den kettenrauchenden Houellebecq doch etwas beunruhigt. Unmaskierte Entführer verheissen nichts Gutes, das weiss schliesslich jeder Krimileser.
«Der Film von Regisseur Guillaume Nicloux würde die Wahrheit hinter der Affäre ans Tageslicht bringen, hiess es. Dafür, dass dem nicht so ist (oder jedenfalls nicht einfach so ist), bürgt ein Besetzungscoup, der diese pseudodokumentarische Arbeit als weitere fröhliche Finte im ironisch-egozentrischen Gesamtwerk des Autors enttarnt. Houellebecq spielt sich selbst, und macht so aus dem kleinen Kammerspiel grosses Welttheater – oder wenigstens heiteres Houellebecq-Theater, was, wie er selbst gern thematisiert, in einer skandalfixierten Medienwelt fast dasselbe ist.» Christoph Huber, «Die Presse»
«Als Dichterporträt besitzt diese Komödie, bei aller Absurdität, so etwas wie Tiefenschärfe. Das Drehbuch zerlegt, analog zu dem Houellebecq-Roman ,Karte und Gebiet’’ (2010), die öffentliche Figur Michel H. in ihre Elementarteilchen; Nicloux verzeichnet in improvisierten Debatten nicht nur auch die verqueren Ideen seines Helden, dessen Islam- und EU-Hassanfälle, sondern auch dessen Neigung zu Prostituierten. Der Protagonist macht seine Sache indes erstaunlich gut: Er gibt den desolaten Homme de lettres, der an eine Gang ratloser Bodybuilder und Kleinkrimineller gerät, betont lakonisch - ein asozialer Trinker mit Stockholm-Syndrom.» Stefan Grissemann, «Profil»