Die Wüste zieht in Antonionis erstem Farbfilm sogar in den Titel ein. Es ist die letzte Zusammenarbeit des Paares Antonioni-Vitti.
In die streng komponierte Schwarz-Weiss-Welt von Antonioni zieht mit Il deserto rosso die bereits im Titel signalhaft eingesetzte Farbe ein. Freundlicher wird dessen Sicht der Dinge damit aber natürlich nicht, im Gegenteil: Die irreal wirkenden Farben – Antonioni liess Grünflächen abbrennen und Häuser, Strassen, Gewässer einfärben – werden konsequent stilisiert und dramaturgisch eingesetzt. Sie betonen die umfassende Entfremdung, deren Opfer die von Monica Vitti gespielte Giuliana wird. Nach einem Autounfall leidet die Frau eines technikoptimistischen Ingenieurs unter neurotischen Ängsten. Alles Vertraute entzieht sich ihr, bedrohlich nahe auf Leib und Seele rücken ihr im Gegenzug die Bilder der neuen Industrieanlagen, welche die Landschaften der norditalienischen Stadt Ravenna gewissermassen vergiftet haben. Antonioni zieht Parallelen zwischen zerstörter Natur und zerstörten Gefühlen. Das könnte aus heutiger Sicht plakativ wirken, würden die apokalyptisch anmutenden Szenerien nicht eine «Schönheit» von ganz eigenem Reiz entfalten. Nach einer Liaison mit dem Freund ihres Mannes findet Giuliana zurück in den Alltag. Offen bleibt allerdings, ob das Gleichgewicht, das sie gefunden zu haben scheint, über den prekären Moment hinaus Bestand hat. (all)