Gespenster
Deutschland 2005, 85', 35mm, D. Regie Christian Petzold. Drehbuch Christian Petzold, Harun Farocki (Dramaturgie). Mit Julia Hummer, Sabine Timoteo, Marianne Basler, Aurélien Recoing.
Immer wieder zieht es Françoise zurück nach Berlin. Sie hofft, ihre Tochter zu finden, die hier vor vielen Jahren entführt wurde. Pierre, ihr Mann, ist aus Paris nachgekommen, um bei ihr zu sein. Die junge, in ihrer Verlorenheit seltsam starke Nina ist in einem betreuten Wohnprojekt untergebracht. Eines Morgens lernt sie die heftige, rastlose Toni kennen, eine Diebin, die sich die Welt nimmt, die für diesen einen, nächsten Moment lebt. Zusammen erleben sie eine kurze Zeit der Nähe, einen Augenblick des Glücks. Auf ihren Streifzügen durch die Stadt trifft Françoise die beiden Mädchen. Sie glaubt, in Nina ihre Tochter wieder gefunden zu haben …
In wenigen und konzentrierten Einstellungen nähert sich der Regisseur Christian Petzold seinen Figuren. Im Wissen um ihre Verletzlichkeit kommt er ihnen nahe, ohne sie zu entblössen. Die Montage verdichtet das Bild dreier Frauen, deren Unnahbarkeit, Flüchtigkeit, Sehnsucht in Momente grösster Nähe umschlagen können.
«Christian Petzolds neuer Film ist eine wunderbare Gespenstergeschichte im hellen Tageslicht, ein Grossstadtmärchen von zwei verwunschenen Kindern in einer fremden Welt. Das grosse Ereignis dieses Films aber sind die beiden Protagonistinnen Julia Hummer und Sabine Timoteo, zwei junge Frauen von einer verschlossenen Schönheit und bewegenden Präsenz, wie man sie seit Jacques Rivettes Céline und Julis fahren Boot im Kino nicht mehr gesehen hat. Gespenster ist ein kleiner, überraschender Glücksfall im Kino dieser Tage, ein heftiges und zärtliches Stück Gegenwart.» Gartenbaukino Wien
«Gespenster ist (...) zu gleichen Teilen ein Film noir und ein Märchen, die Gebrüder Grimm haben ebenso ihre Spuren hinterlassen wie Hitchcock. Ist die reiche französische Touristin tatsächlich die Mutter der einsam durch die Stadt irrenden Waise Nina? Das wäre natürlich zu schön, um wahr zu sein. Es ist eine Phantom-Familie, die sich da an einem Phantom-Ort trifft. Zusammen wächst am Potsdamer Platz nichts, alles ist hier Illusion und gezielte Täuschung. So wird die Grossstadtsymphonie ohne alle Schockelemente zur Schauermär.» Christian Buss, «Der Spiegel», September 2005