Doppelprogramm Guy Maddin

The Green Fog

USA/Kanada 2017, 62 Min., DCP, E

Regie, Drehbuch: Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson

Der Prolog von The Green Fog: Ein Schalter wird von «Sprechen» auf «Zuhören» gedreht. In einem Studiokino betrachtet ein Mann in Handschellen und von einer Waffe bedroht Bilder auf der Leinwand. Eine Landkarte ist zu sehen, ein Finger zeigt auf San Francisco. Vor einem Haus stehen Reporter, die verängstigte Bevölkerung wartet auf Lautsprechernachrichten. In grünes Licht getaucht erscheint die Golden Gate Bridge, ein Unwetter zieht auf, die steilen Strassen der Stadt sind leergefegt. Die Struktur des Films von Guy Maddin, Galen Johnson und Evan Johnson ist eine Hommage an Hitchcocks Vertigo: eine schwindelerregende Komposition vertrauter und unbekannter Film- und TV-Bilder, alle aus der Bay Area. Dem Sog dieser Kinofantasie aus gefundenem Material kann man sich nicht entziehen.

«Es wird einem beim Schauen aber auch deshalb schwindelig, weil dieser 62-minütige Film ausschliesslich aus Found-Footage-Material von sagenhaften 104 Filmen und Fernsehserien besteht. (...). Von Dirty Harry zu Mrs. Doubtfire, von Sister Act zu Sans Soleil. Es geht hier allerdings nicht um den cinephilen Sportsgeist des Wiedererkennens von Filmszenen (für manche wohl schon). Vielmehr entsteht durch das Aufeinandertürmen filmischer Momente samt ihrer unterschiedlichen Stofflichkeit (Farben, Material, Sound etc.) die heterogene und überaus rätselhafte Struktur einer Stadt samt ihren Strassen, Stimmungen und Bewohnern.» Margarete Affenzeller, «Der Standard»

Accidence

USA/Kanada 2018, 10 Min., DCP, ohne Dialog

Regie, Drehbuch: Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson

Mit: Adam Brooks, Jon Stebbe, William Bond, Xander Boulard, Brent Neale, Mike Maryniuk, Rhayne Vermette

«Ein Wimmelbild: In einer 9-minütigen Einstellung nimmt eine Kamera auf langsamer Rückwärtsfahrt einen Apartment-Block in den Blick, auf dessen rund 30 Balkonen sich allerhand ereignet. Dass man nicht weiss, wo zuerst hinschauen und welche der zahlreichen Geschichten verfolgen, ist das künstlerische Prinzip dieses interaktiven Films, der mit jedem Sehen zu einem anderen wird. Rear Window auf die Spitze getrieben und zugleich die einleuchtende Demonstration, dass der Mensch in einem Hamsterrad gefangen ist und sich die Welt im Ganzen nicht begreifen lässt. Alexandra Seitz, Viennale

«Auf der Grundlage der Metapher, dass wir alle Opfer unserer selbst sind, (...) zeigt Accidence das albtraumhafte Erleben eines Mannes, der einen Doppelgänger seiner selbst vom Balkon seiner Wohnung hinunterstösst. Der Kriminalbeamte, der daraufhin die Ermittlungen gegen ihn aufnimmt, ist ebenfalls ein Doppelgänger. (...) Am Ende des Films ereilt den Täter das gleiche Schicksal wie sein Opfer: Er wird von einem Gesetzesvertreter, der aussieht wie er selbst, vom Balkon gestossen. Dieser realisiert augenblicklich das Unrecht, das er begangen hat. Prompt heftet sich ein anderer Polizist an seine Fersen. Es entsteht ein endloser Kreislauf von Verbrechen und Bestrafung (...).» Guy Maddin, Evan Johnson und Galen Johnson