Des moutons et des hommes
Schweiz/Frankreich/Katar 2017, 78', DCP, OV/d. Regie Karim Sayad. Drehbuch Karim Sayad.
Wenigstens die Schafe sollen zu Champions werden: Karim Sayad erzählt aus grosser Nähe und mit berührender Zärtlichkeit von algerischen Männern und ihren Schafböcken, die im Kampf Geld und Ruhm erobern sollen. Mit seinem Debütfilm gewann der Schweiz-Algerier den mit 60'000 Franken dotierten Prix de Soleure, den Hauptpreis der Solothurner Filmtage.
Algier, Bab el Oued, 2016. Der 16-jährige Habib träumt davon, Tierarzt zu werden. Nachdem er die Schule abgebrochen hat, will er einen Schafbock namens El Bouq trainieren, um ihn zu einem Champion im Kampf der Schafe zu machen. Samir ist 42 und verkauft Schafe, um in seinem schwierigen Alltag über die Runden zu kommen. Mit Herannahen des Opferfestes, bei dem überall im Land ein Schaf geopfert wird, bietet sich Samir die einmalige Chance, seine Einkünfte aufzubessern. Für Habib hingegen sieht die Geschichte ganz anders aus. Wird El Bouq zu einem grossen Champion? Oder ist er einem tragischeren Schicksal geweiht?
«Man muss sie zwicken, dann gehen sie aufeinander los wie zwei Rammböcke mit Hörnern. Zwickt man El Bouq, tut der Schafbock aus Des moutons et des hommes allerdings nicht viel. Das Tier scheint wenig Drang zum Kampf zu verspüren, und trotz Habibs Facebook-Videos wird es kaum von anderen Böcken herausgefordert. Das Schaf ähnelt in seinem Slackertum ein wenig seinem Besitzer, der eigentlich Tierarzt werden wollte, aber die Schule nie beendet hat und jetzt am Baumstamm lehnt. (...) Es ist eine elegant gebaute und gewitzt gefilmte Ethnografie, die sich zwischen Fernseh-Imamen und News-Fetzen zu einem Bild algerischer Jugendlichen fügt, unter denen wenigstens die Schafe zu Champions werden sollen.» (Der Bund)
«Karim Sayad versucht nicht, eine Botschaft zu übermitteln. Er öffnet uns die Tür zu einer Welt, von der er uns die bescheidene Grösse erfassen lässt. Sein neugieriger und zärtlicher Blick, seine intime Nähe zum Subjekt stellen uns von Anfang an auf gleiche Augenhöhe mit den Protagonisten und ihrer Leidenschaft für die Schafe und Kämpfe. Der Zuschauer tritt, um eine neuartige Erfahrung bereichert, aus dem Film heraus. Die Freude des Regisseurs, seinen Protagonisten zu folgen, ohne zu werten, ist jederzeit spürbar. Und so tut es der Geschichte auch keinen Abbruch, dass der gehörnte Hauptdarsteller El Bouq ein Loser ist. Der Film kommt ganz ohne forcierte oder künstliche Momente aus. Die Charaktere sind und bleiben sich selbst, doch Sayad setzt sie ins Bild, fast so, als wäre es ein Spielfilm. Er ist kein Eindringling in diese Welt. Das ermöglicht die Nähe zu den Darstellern. So erzählt sich die Geschichte ganz von selber durch den Zugang des Regisseurs. Inhalt und Form werden zu einem Gesamtbild, das sich zu einem Kunstwerk zusammenfügt.» (Xavier Koller, Pascale Kramer, Flavia Kleiner, Jury Prix de Soleure)