CLUB ZERO
AT/UK/DE/FR/DK 2022, 110', DCP, E/d. Ab 14 (16) J., Regie Jessica Hausner. Drehbuch Jessica Hausner, Geraldine Bajard. Mit Mia Wasikowska, Sidse Babett Knudsen, Amir El-Masry, Elsa Zylberstein.
Gemeinsam in den Abgrund: Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner (Lourdes, Little Joe) zeigt in ihrem neuen Film, wie eine Klasse in einer englischen Eliteschule in den Bann einer Pädagogin gerät, die mit Hungern die Welt retten will. Ein beklemmender Film mit grotesken Zügen über Manipulation, Radikalisierung und Selbstzerstörung.
Miss Novak (Mia Wasikowska) wird an eine internationale Eliteschule geholt: Die Direktorin (Sidse Babette Knudsen, Borgen) weiss, sie muss hier das Neueste vom Neuen anbieten. Die Eltern der Jugendlichen zahlen immerhin sehr viel Geld für diesen Talent Campus. Eine Gruppe von Schüler:innen lernt bei Miss Novak die Regeln der «Bewussten Ernährung». Die Eltern unterstützen den Unterricht — sollen nicht gerade die Kinder, die im Reichtum aufwachsen, über Konsumkritik Bescheid wissen? Miss Novak gibt den Schüler:innen mit ihrer sanften, kümmernden, aber sehr bestimmten Art das trügerische Gefühl, ihre Entscheidung, auf das Essen zunehmend zu verzichten, aus eigenem Antrieb getroffen zu haben. Sie sehen sich als verschworene Gemeinschaft und empfinden die Nahrungsaufnahme als verzichtbaren Ballast auf dem Weg in eine bessere Welt. Schule und Eltern haben da schon längst den Zeitpunkt übersehen, an dem sie noch Einfluss auf ihre Kinder gehabt hätten.
Jessica Hausner liefert eine brillante Gesellschaftssatire voll schwarzem Humor. Mit der ihr ganz eigenen Stilistik der farblichen Verfremdung, der hohen Ästhetisierung und der Liebe zum Detail, erschafft sie eine Wiedererkennbarkeit der Realität in all ihrer Absurdität.
Club Zero ist ein Film über radikale Selbstoptimierung, über die Abgabe von Eigenverantwortung und den Mangel an Kommunikation in unserer Gesellschaft. Es ist ein hochspannender Film über eine grosse Verführung, der mit viel Ironie Strukturen offenlegt und das Publikum selbst die Leerstellen auffüllen lässt. Vor allem aber zeigt Club Zero deutlich: Der grosse Wunsch, in den Besitz einer höheren Wahrheit zu gelangen und Teil einer Bewegung zu sein, kann in den falschen Händen zum fatalen Fallstrick werden.