Abluka
Abluka
Türkei 2015, 119', DCP, Türkisch/d. Regie Emin Alper. Drehbuch Emin Alper. Mit Mehmet Özgür, Berkay Ates, Tülin Özen, Müfit Kayacan, Ozan Akbaba.
Meisterhafte Erzählkunst: Der türkische Regisseur Emin Alper zeigt in seiner Geschichte einer fatalen Bruderbeziehung, wie Terror und unbedingter Gehorsam Paranoia erzeugen und Menschen zugrunde richten. Ein brandaktueller Film zur elementaren Krise der türkischen Gesellschaft.
«Istanbul versinkt im Chaos. Bewaffnete Gruppen haben die Kontrolle über die ärmeren Stadtteile gewonnen. Die Polizei ist machtlos. Kadir wird vorzeitig aus der Haft entlassen und soll als Informant arbeiten. Er überprüft den Müll auf Sprengsätze und die Strassen auf verdächtige Subjekte hin. Doch als Erstes sucht er seinen jüngeren Bruder Ahmet auf. Wer kann wem noch trauen? Eine Momentaufnahme aus der nahenden Endzeit – von höchster Intensität.
Das türkische Kino ist in den vergangenen Jahren aufgefallen mit Filmen, die in den Kern existenzieller und politischer Fragen vorgedrungen sind. Emin Alpers jüngster Film Abluka beeindruck mit einer atemberaubend konsequent gestalteten Betrachtung einer Gesellschaft, in der die Angst regiert und keiner mehr dem anderen trauen kann. Während zum Einstieg ein Mann aus dem Gefängnis entlassen wird mit dem Auftrag, draussen unauffällig für den Staat zu schnüffeln und dies nicht einmal dem eigenen Bruder zu sagen, fragt man sich am Ende des Filmes, ob seine Freiheit im Gefängnis nicht grösser gewesen sei. Emin Alper hat einen Film gestaltet, der unter die Haut geht, weil er in einer vagen Zukunft spielt in einem Land, in dem diese verdammt nahe ist. Die Türkei steht mit einer Regierung, für die Waffen und Gefängnis alltägliche Instrumente der Disziplinierung geworden sind, für eine beängstigende Tendenz. Die Stadt im Film zuckt im Chaos von Gewalt und Gegengewalt. Paranoia dominiert alles. Wenn es einen Film gibt, der uns vor Augen führt, wohin ein Land und seine Gesellschaft driften, wenn Ausgrenzung und Verdacht bestimmend werden, dann dieser. Die Beklemmung vermittelt sich ganz direkt, eine ausgeklügelte Tonspur verleiht den düsteren Bildern den Abgrund, in den wir fallen, wenn nur noch das Dunkel regiert. Staatliche Gewalt und jene des Terrors sind nicht mehr zu unterscheiden. Kein gemütliches, aber ein ungemein starkes und beängstigend aktuelles Kinostück.» (Walter Ruggle, Trigon Film)