Careless Crime
Iran 2020, 134', DCP, Farsi/d. Ab 16 J., Regie Shahram Mokri. Drehbuch Nasim Ahmadpour, Shahram Mokri. Mit Babak Karimi, Razie Mansori, Abolfalzl Kahani, Mohammad Sareban, Adel Yaraghi, Mahmoud Behraznia, Behzad Dorani.
Während des Aufstandes gegen den Schah setzten Demonstranten im Iran Kinos in Brand; in einem Fall starben 478 Menschen. Der iranische Regisseur Shahram Mokri holt in seinem vertrackten Schau-Stück die Geschichte in die Gegenwart und die Realität ins Kino. Und umgekehrt.
«Zeit ist relativ in den Filmen von Shahram Mokri. Linearität sowieso. Das ist gut zu wissen, bevor man in Careless Crime eintaucht, denn der iranische Regisseur beweist sich hier erneut als Meister der narrativen Verschachtelung. Ausgangspunkt ist ein reales Unglück aus dem Vorfeld der Revolution: Am 19. August 1978 starben bei einem Brandanschlag auf das Cinema Rex in Abadan Hunderte Menschen in den Flammen.
Mokri rekonstruiert, oder besser: reimaginiert das Verbrechen in einer gewagten filmischen Collage aus Vergangenheit und Gegenwart, die mit allen Registern der Kunst spielt, um sowohl originelle ästhetische als auch neue historische Perspektiven zu eröffnen. Flüchtige, aber fein beobachtete Momentaufnahmen aus dem Leben heutiger junger Student*innen verblenden sich über mehrere Zeitebenen und Erzählschleifen mit den Ereignissen von damals. Opfer und Täter treffen im Kino unmittelbar aufeinander. Ein Film-im-Film sucht beharrlich den Rückbezug zu jenem umstrittenen Werk, das am Abend des eigentlichen Attentats gezeigt wurde: The Deer von Masoud Kimiai. Komplexer und nachhaltiger als in seinen One-Shot-Genre-Experimenten Fish & Cat (2013) und Invasion (2017) unterläuft Mokri konsequent jede Vorstellung von narrativer Kohärenz und erweitert damit den Blick auf verblüffende und effektvolle Weise.» pj, Bildrausch Filmfest Basel