Berner Blühen
CH 2023, 95', DCP, Dialekt/D. Regie Bernhard Giger. Drehbuch Bernhard Giger. Mit Franz und Maria Gertsch, Ruedi Jäggli, Eberhard W. Kornfeld, Regula Linck, Gerhard Johann Lischka, Christian Megert, Lydia Megert, Marianne Milani, Marianne Vögeli, Barbara Zäch, Angela Zoratti.
In Bernhard Gigers essayistischer Annäherung an die Kunststadt Bern von den 1950er- bis in die 1970er-Jahre kommen zahlreiche Zeitzeugen zu Wort, darunter auch der kürzlich verstorbene Franz Gertsch. Sie werfen letzte Blicke zurück, dem Gefühl jener Jahre auf der Spur, als die verträumte Stadt Bern künstlerisch und gesellschaftspolitisch in Bewegung geriet.
Der Film führt in die auch gesellschaftspolitisch bewegten Jahre des künstlerischen Aufbruchs ab Mitte des 20. Jahrhunderts – vielleicht ein letztes Mal in dieser direkten, auf der Erinnerung der Beteiligten bauenden Erzählweise. Er macht dies journalistisch und atmosphärisch, aus zeitlicher Distanz, mit persönlicher Nähe. Er lässt letzte Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort kommen, ihre Geschichten bestimmen die filmische Erzählung. Ein weiteres stilistisches Element sind Fotografien, als Dokumente, aber auch montiert zu Bildsequenzen, um Zeitgeist und Stimmungen aufleben zu lassen.
Berner Blühen vermittelt keine umfassende Sicht auf die damalige Berner Kunstszene. Er unternimmt eine mehr essayistische Annäherung an die Kunststadt Bern, taucht ein, soweit das noch geht, fühlt nach. Nicht bestimmte künstlerische Positionen verhandelt der Film, sondern fragt, thematisch weiter gefasst, nach Erfahrungen, Empfindungen und Erwartungen. Nach dem realen Alltag, dem Lebensgefühl im Spannungsfeld zwischen grossen Würfen und unbezahlten Rechnungen. Besonderes Gewicht kommt dabei der Sicht der Künstlerinnen zu, ihrem Rollenverständnis zwischen Atelier und Haushalt, zwischen Kunst und Kind, und ihrer Wertschätzung in einem stark männerbestimmten Umfeld.